Arbeitszeit ist ein zentraler Begriff im Arbeitsalltag, doch nicht immer ist eindeutig geregelt, was genau darunter fällt. Besonders bei Tätigkeiten außerhalb des klassischen Arbeitseinsatzes – wie das Umziehen, Duschen oder Wegezeiten – herrscht oft Unklarheit. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Az.: 5 AZR 213/23) beleuchtet die Frage, wann solche Tätigkeiten zur Arbeitszeit zählen.
Was ist Arbeitszeit?
Grundsätzlich ist Arbeitszeit die Zeit, in der ein Arbeitnehmer seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbringt - in der Regel von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende abzüglich der Ruhepausen. Dabei umfasst sie alle Tätigkeiten, die mit der Arbeit direkt zusammenhängen. Doch es gibt Grenzfälle: Gehören das Anlegen spezieller Arbeitskleidung oder das Duschen nach der Schicht dazu? Und wie sieht es mit der Zeit aus, die benötigt wird, um den Arbeitsplatz zu erreichen?
Das Urteil im Überblick
Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat dazu Stellung genommen. Die Richter entschieden, dass Tätigkeiten wie das Umziehen und Duschen dann zur Arbeitszeit zählen, wenn sie zwingend erforderlich sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn:
- Der Arbeitgeber das Tragen bestimmter Schutzkleidung vorschreibt, die nur im Betrieb angelegt werden darf.
- Wenn die Kleidung vom Arbeitgeber vorgeschrieben ist und von diesem gestellt wird.
- Gesundheitliche oder hygienische Vorgaben das Duschen nach der Arbeit notwendig machen (z. B. in Berufen mit starker Verschmutzung oder Kontakt mit gefährlichen Stoffen).
- Arbeitnehmende während der Arbeit so stark verschmutzen, dass es unzumutbar ist, die Privatkleidung anzuziehen oder den Heimweg anzutreten. Der konkrete Grad der Verschmutzung muss im Einzelfall geprüft werden.
Wegezeiten: Arbeitszeit oder Freizeit?
Auch bei Wegezeiten ist die Regelung nicht immer eindeutig. Prinzipiell gilt der Weg von zu Hause zur Arbeit und zurück als Freizeit. Ausnahmen können jedoch greifen:
- Wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers an einen anderen Ort als den üblichen Arbeitsplatz reisen muss, gilt diese Zeit als Arbeitszeit.
- Bei Außendienstmitarbeitern, die von zu Hause aus starten, zählt der Weg zur ersten und letzten Arbeitsstelle meist ebenfalls als Arbeitszeit.
- Wegezeiten von der Umkleide zum Arbeitsplatz und zurück gehören zur Arbeitszeit, wenn die Arbeitskleidung nur im Betrieb getragen werden darf.
Praktische Beispiele
Industriearbeiter: Das Anziehen von Schutzkleidung und das Duschen nach der Schicht in einem Chemiebetrieb gehören zur Arbeitszeit, wenn dies aufgrund von Sicherheitsvorschriften erforderlich ist.
Büromitarbeiter: Das Wechseln in Freizeitkleidung vor oder nach der Arbeit zählt in der Regel nicht zur Arbeitszeit, da keine Notwendigkeit besteht, diese Tätigkeit im Betrieb zu erledigen.
Monteure im Außendienst: Die Fahrzeit zu einem entfernten Einsatzort wird angerechnet, wenn sie über die normale Pendelzeit hinausgeht.
Warum ist das relevant?
Die Definition von Arbeitszeit hat direkte Auswirkungen auf Vergütung, Überstundenregelungen und den Arbeitszeitnachweis. Arbeitgebende und Arbeitnehmende sollten sich der geltenden Regelungen bewusst sein, um Missverständnisse oder Konflikte zu vermeiden.
Auffällige Dienstkleidung: Umkleidezeit zählt als Arbeitszeit
Besonders bei auffälliger Dienst- oder Schutzkleidung wird das Umziehen schnell zum Thema. Niemand ist verpflichtet, Kleidung wie Uniformen, Warnschutzkleidung oder Outfits mit einem auffälligen Firmenlogo schon auf dem Weg zur Arbeit zu tragen. Dies gilt auch für medizinisches oder pflegerisches Personal, deren typisches Weiß sie in der Öffentlichkeit sofort erkennbar machen würde. In solchen Fällen zählt das Umkleiden im Betrieb als Arbeitszeit – selbst dann, wenn der Arbeitgeber dies nicht ausdrücklich anordnet. Der Grund: Es ist den Beschäftigten nicht zuzumuten, ihren Beruf bereits durch die Kleidung auf dem Arbeitsweg offenzulegen. Diese Regelung schützt die Privatsphäre der Arbeitnehmenden und stellt sicher, dass notwendige Vorbereitungen am Arbeitsplatz vergütet werden.
Arbeitszeit einfach erfassen – mit der richtigen Lösung
Die genaue Definition von Arbeitszeit ist nicht nur rechtlich relevant, sondern auch praktisch wichtig. Eine klare und unkomplizierte Zeiterfassung hilft dabei, Arbeitszeiten korrekt zu dokumentieren – sei es für Pausen- oder Umkleidezeiten, Wege oder zusätzliche Aufgaben.
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Fazit
Ob Duschen, Umziehen oder Wegezeiten zur Arbeitszeit zählen, hängt stark von den Umständen ab. Das Urteil des BAG zeigt: Entscheidend ist, ob die Tätigkeit notwendig ist, um die Arbeit ordnungsgemäß zu erfüllen. Arbeitnehmer sollten bei Unklarheiten Rücksprache mit ihrem Arbeitgeber oder Betriebsrat halten, um Missverständnisse zu klären.
Ein gut geregelter Umgang mit der Arbeitszeit schafft Transparenz und schützt die Interessen beider Seiten – für einen reibungslosen Arbeitsalltag.