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Krankmeldungen: Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Geschrieben von Jasmin Sturm | 26.09.2021 06:00:00

Aktualisiert am 03.03.2022

Haben Sie sich schon mit den Veränderungen beschäftigt, die mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einhergehen?

Aktueller Ablauf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Im Krankheitsfall ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ein wichtiger Nachweis für Arbeitgebende. Denn dieses Attest weist nach, dass Arbeitnehmende aufgrund einer Erkrankung oder einem Unfall nicht in der Lage sind, ihre Arbeit zu leisten. Ausgestellt wird diese Krankschreibung durch den Arzt / Ärztin in dreifacher Ausführung, da Krankenkasse und Arbeitgebende eine Aushändigung der AU-Bescheinigung benötigen. Generell muss die AU spätestens eine Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse abgegeben werden. Im Gegensatz zu der AU für den Arbeitgebenden enthält diese eine Angabe zur Diagnose.
Damit es zu einer Entgeltfortzahlung kommt, muss das ausgehändigte Attest ab dem im Arbeitsvertrag verlangten Datum beim Arbeitgebenden vorliegen. Somit spielt das Datum der Ausstellung des Nachweises eine große Rolle. Denn von diesem Datum an wird das Gehalt bis zu sechs Wochen gezahlt. Ab der siebten Krankheitswoche übernimmt die Krankenkasse die Bezahlung des Arbeitnehmenden durch das sogenannte Krankengeld, das in jedem Fall individuell berechnet wird. 

Wussten Sie, dass bundesweit insgesamt etwa 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen jährlich ausgestellt werden? Dafür werden 230 Millionen Zettel benötigt. Ganz schön viel Papier oder?

Adé gelbes Papier - Hallo elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Papierbescheinigungen bedeuten Bürokratie und kosten damit einen hohen Zeitaufwand. Ebenfalls kommt es immer wieder zu Konflikten, ob die AU überhaupt rechtzeitig eingegangen ist oder nicht. Diese Probleme und Konflikte werden durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) vermieden. Eine Zustimmung des Bundesrats zu dem dritten Gesetz zur Bürokratieentlastung und damit zu der Einführung der eAU erfolgte am 8. November 2019.
Ein weiteres Ziel der eAU ist es, dass Arbeitgebende digital über den Beginn und die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit eines gesetzlich versicherten Arbeitnehmenden informiert werden sollen. Des Weiteren soll ebenfalls übermittelt werden, wann die Entgeltfortzahlung ausläuft. Dafür muss die Krankenkasse eine elektronische Meldung erstellen, die vom Arbeitgebenden abgerufen werden kann.
Das bedeutet: Der AU-Beleg muss dem Arbeitgebenden dann nicht mehr vorgelegt werden. Dennoch sind Arbeitnehmende weiterhin verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen und diese ärztlich feststellen zu lassen.

Wichtig: Das eAU-Verfahren gilt ausschließlich für gesetzlich Versicherte. Für Privatversicherte bleibt das bisherige Verfahren bestehen.

Vorteile einer Digitalisierung des Verfahrens

Die Digitalisierung des Verfahrens der Arbeitsunfähigkeitsmeldung hat neben dem geringeren Bürokratieaufwand oder der Papierersparnis noch viele andere Vorteile: 

  • Sichere und schnellere Zustellung der eAU an den Arbeitgebenden und der Krankenkasse
  • Entbindung der Versicherten von der Zustellpflicht an den Arbeitgebenden sowie die Krankenkasse
  • Reduzierung der Erstellungs- und Übermittlungskosten
  • Lückenlose Dokumentation bei den Krankenkassen sichert den korrekten Ausgleich bei der Zahlung von Krankengeld und im Umlageverfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)
  • Minimierung des Risikos von verlorenen AUs

Zeitplan für die Umsetzung des eAU-Verfahrens

Seit dem 1. Oktober 2021 sind die gesetzlichen Arztpraxen verpflichtet, die eAU an die Krankenkassen zu übermitteln.  
Das digitale Übermittlungsverfahren an den Arbeitgebenden war für den 1. Juli 2022 geplant. Jedoch wurde dieses Datum auf den 1. Januar 2023 verlegt. Der Grund der Verschiebung sind die Belastungen durch die Corona-Pandemie. Ab Anfang Januar soll dann die digitale Weiterleitung der AU-Daten von den Krankenkassen an die Arbeitgebenden erfolgen.  
Das heißt konkret: Arztpraxen sind seit Oktober 2021 in der Pflicht, AU-Daten elektronisch an die Krankenkassen weiterzuleiten. Patienten wird jedoch nach wie vor eine Papierbescheinigung ausgehändigt, die diese dem Arbeitgebenden weiterleiten müssen. Nicht jede Praxis besitzt jetzt schon die notwendige Ausstattung, sodass es eine Übergangsphase gibt. Das bedeutet, dass die Vertragsärzte und -ärztinnen bis zum 31.12.2021 Zeit hatten sich mit der notwendigen Technik auszustatten und solange noch die bekannten “Gelben Scheine” ausstellen konnten. 

Ablauf - Wer übermittelt wem die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Der Ablauf der Krankmeldung ändert sich grundsätzlich erst einmal nicht, denn der Arbeitnehmende muss nach wie vor seinem Arbeitgebenden mitteilen, dass er aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig ist. Der Prozess sieht vor, dass die Verteilung der verschiedenen Exemplare der AU-Bescheinigung an ihre Empfangenden anders ablaufen soll. Der Arzt bzw. die Ärztin schickt seit dem 01.10.2021 (spätestens 01.01.2022) bei einer festgestellten Arbeitsunfähigkeit die Krankschreibung direkt digital an die Krankenkasse des Erkrankten. 
Bis Ende 2022 erhält der erkrankte Arbeitnehmende die AU weiterhin in Papierform. Die entsprechende Version muss wie bisher dem Arbeitgebenden vom Arbeitnehmenden selbst zugeschickt werden. Ab dem 01. Januar 2023 müssen Arbeitgebende die Krankschreibung von der Krankenkasse anfordern. Hierbei ist es noch einmal wichtig zu betonen, dass Arbeitnehmende sich auf jeden Fall zuerst selbst bei dem Arbeitgebenden krank melden müssen.  
In diesem Prozess werden somit zwei Papier-Exemplare gespart. Ein Exemplar wird jedoch nach wie von dem ärztlichen Fachpersonal an den Patienten bzw. die Patientin ausgehändigt. Dieses gilt als gesetzliches Beweismittel. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn Störungen im digitalen Übertragungsweg auftreten. 

Abruf der eAU durch den Arbeitgebenden 

Mit dem „Dritten Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ und dem Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze wurde eine gesetzliche Grundlage für den elektronischen Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Arbeitgebenden bei den Krankenkassen geschaffen. 
Geregelt ist die Pilotierung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Arbeitegebenden in Paragrafen 125 SGB IV.

Der Deutsche Bundestag hat jedoch das „Gesetz zur Verlängerung von Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie beim Kurzarbeitergeld und anderer Leistungen“ mit der entsprechenden Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales beschlossen. Dort wurde das Ende der Pilotphase für das elektronische Abrufverfahren der Arbeitunsfähigkeitsdaten verändert. Der 30. Juni 2022 wurde durch den 01. Januar 2023 ersetzt. 

Berechtigung zum Abruf 

Die Berechtigung zum Erhalt der Daten ist die Voraussetzung, dass der Arbeitgebende die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse abrufen darf. Diese Berechtigung liegt dann vor, wenn
  • der Arbeitnehmende zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit bei dem Arbeitgebenden beschäftigt ist und 
  • der Arbeitnehmende dem Arbeitgebenden die abzurufende Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EntgFG mitgeteilt hat.

Zeitpunkt der Anforderung

Eine gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung bildet den Ausgangspunkt, dass der Abruf der eAU bei der Krankenkasse des Arbeitnehmenden durch den Arbeitgebenden erfolgen darf. Der Abruf ist erst dann sinnvoll, wenn der Arbeitnehmende zu diesem Zeitpunkt in der Pflicht ist, eine Arbeitsunfähigkeit nach § 5 Abs. 1a Satz 1 EntgFG durch den Arzt feststellen zu lassen und diese daher der Krankenkasse vom Arzt bereits übermittelt werden konnte. Durch die zeitversetzte Übermittlung von dem ärztlichen Fachpersonal an die Krankenkasse ist die Abfrage erst frühestens einen Kalendertag nach der verpflichteten ärztlichen Feststellung sinnvoll. Das bedeutet: Frühestens ab dem 2. Kalendertag, der dem Arbeitgebenden durch den Arbeitnehmenden gemeldeten Arbeitsunfähigkeit, kann diese abgefragt werden. 

Bestand bei dem Beschäftigten bereits eine Arbeitsunfähigkeit und meldet sich bei dem Arbeitgebenden als weiter arbeitsunfähig, so ist der Arbeitnehmende gesetzlich nach § 5 Abs. 1a EntgFG verpflichtet, die weitere Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen. Diese findet in der Regel am letzten bzw. am auf das bisher festgestellte Ende der Arbeitsunfähigkeit folgenden Werktag statt. So ist auch hier aufgrund der zeitversetzten Übermittlung vom Arzt an die Krankenkasse eine Abfrage frühestens ein Kalendertag nach dem bisherigen Ende der Arbeitsunfähigkeit sinnvoll. 

Pilotprojekt zeigt Anklang der eAU

Schon im Jahr 2017 hat die Techniker Krankenkasse (TK) ein Pilotprojekt zur elektronischen AU mit 600 beteiligten Ärzten und Ärztinnen deutschlandweit durchgeführt. Dabei hatten Patienten und Patientinnen die Option, ihre Krankschreibung über die Software der Praxis an ihre Krankenkasse (im Pilotprojekt die TK) übermitteln zu lassen. Eine 6-stellige Anzahl an eAU-Bescheinigungen ist bei der TK eingegangen und zeigt, dass die Option der eAU aktiv genutzt wurde. 

Fazit

Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung soll demnach das Meldeverfahren durch den elektronischen Austausch von Arbeitsunfähigkeitsdaten im Krankheitsfall vereinfacht und die Bürokratie abgebaut werden. 
In zwei Schritten soll diese Digitalisierung stattfinden: Beginn am 1. Oktober 2021 für die Vertragsärzte und am 1. Januar 2023 für die Arbeitgebenden.